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Sara Meneses Cuapio: Raízhambre (Root Hunger)

Sara Meneses Cuapio: Raízhambre

In dunklen Bildern mit hellen Akzenten, die an die Malerei des Barocks erinnern, bringt die Fotografin eindrückliche Metaphern unter. In ihrer Serie behandelt sie die Verwurzelung ihrer Familie mit dem Wald auf dem Gebiet, das ihrer Großmutter gehört, dem Land ihrer Ahnen sowie der Nahua-Kultur. Einblicke in die Sinnbilder der Serie Raízhambre.

Sara Meneses Cuapios Serie besteht aus mystisch anmutenden, märchenhaften Motiven. Da sitzt ein Hase im Wald neben der Glut eines Feuers. Ein schutzbedürftiges Küken liegt in einem perfekt geformten Nest. Eine Distelblüte – vielerorts verehrte Heilpflanze vor dem Auge der Großmutter der Fotografin. Wie kommt Meneses Cuapio auf diese Metaphern? „Mein fotografischer Prozess hat mit der Schreibübung zu tun, die ich vor und während des Fotografierens durchführe. Ich spiele mit Metaphern und dem Figürlichen. Ich glaube, dass dieser magische Realismus von meiner Analyse der Mythen in den Gemeinschaften herrührt“, erklärt die Fotografin. „Einige Motive konstruiere ich, bei anderen denke ich, ich ziehe sie an oder finde sie.“ Bei allen zufälligen, geradezu schicksalhaften Fundstücken hat sich Meneses Cuapio bewusst für eine visuelle Ausdrucksweise entschieden, die mystische Elemente ebenso wie den Ausblick in eine ungewisse Zukunft – die Nahua-Kultur und den Wald betreffend – unterstreicht. Die Farben tendieren ins Dunkle, oft tauchen Nebel oder unscharfe Konturen auf. „Mein gesamtes Werk befasst sich mit der Nacht, die gleichzeitig mit dem Imaginären der sakralen Kunst verbunden ist. Die Verwendung von Farbe und Licht in meiner Arbeit spiegelt dieses Anliegen wider. Ich interessiere mich für diese Stunden des Tages als einen Zeitraum voller blinder Flecken, in dem das Verborgene regiert und das gesellschaftlich Korrekte überschritten wird, es ist ein Moment, in dem ich das menschliche Wesen von seiner verletzlichen Seite sichtbar machen kann“, erklärt Meneses Cuapio wie ihre Bildästhetik zustande kommt.

„Die Natur ist keine von unserer Existenz getrennte Einheit, sie ist in der Luft, im Licht, in der Berührung, in der Nahrung, in allem.“

„Ich verwende verschwommene Ränder oder Nebel, um die Erinnerung in den Vordergrund zu stellen. Dies hat mit einer kritischen Haltung gegenüber der Unterdrückung zu tun, der die indigenen Völker in Mexiko ausgesetzt sind, weil ihnen das Recht auf Erinnerung verweigert wird. Ich behaupte auch, dass die Erinnerung verschwimmt und wir die Fakten jedes Mal neu erfinden, wenn wir sie erzählen oder versuchen, uns an sie zu erinnern“, sagt die Fotografin weiter. Um diesen Effekt zu erzielen, trübt sie ihr Objektiv mit ihrem Atem ein. Auf diese Weise erzielt sie von Mal zu Mal ein anderes Ergebnis und Variationen, die mit der Berechenbarkeit von digitalen Hilfsmitteln ausbleiben. Außerdem bringt sie dadurch den Atem als Lebensimpuls mit in ihre Arbeit ein.

Vorgeschlagen wurde Sara Meneses Cuapios Serie von Javier León Cueva, der zur diesjährigen Gruppe der 80 internationalen LOBA-Nominatoren gehört.

Sara Meneses Cuapio

Geboren 1995 im mexikanischen Bundesstaat Tlaxcala. Seit 2017 hat sie einen BA in Gestaltung an der Universität von Guadalajara, mit ergänzenden Studien in Kunstgeschichte und Sozialanthropologie (2018). Im Jahr 2020 erwarb sie ein internationales Diplom in Kulturerbe vom Nationalen Institut für Anthropologie und Geschichte (INAH). Sie besuchte Fotografie-Workshops im Kunstzentrum San Agustín, das der Künstler Francisco Toledo in Etla, Oaxaca, gründete.

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Porträt: © Sara Meneses Cuapio